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Seminar: Psychodynamischer Ansatz

Analytisch orientiertes Kreativcoaching

Image by Jr Korpa
Die Entdeckung des Unbewussten, der Rationalisierung, der Übertragung

Die grundlegende Entdeckung Sigmund Freuds - eine Entdeckung, welche die Vorstellung vom Menschen ebenso stark beeinflussen dürfte, wie die Entdeckung des Kopernikus noch heute unsere Vorstellung vom Universum beeinflusst, betrifft das Verständnis des Unbewussten.

 

In enger Beziehung zum Begriff des Unbewussten steht der Begriff des Widerstandes. Wir wollen das, was wir verdrängt haben, nicht wissen, weil es mit unseren Idealen und Maßstäben, mit dem Bild, das wir von uns haben oder von dem wir möchten, dass andere es von uns hätten, nicht vereinbar ist. Wir tun alles nur Mögliche, um zu verhindern, dass das Verdrängte ans Licht kommt. Wir leugnen es ab, wir werden wü­tend, wenn jemand daran rührt, wir werden müde und schläfrig, wenn es erwähnt wird, oder wir verbergen es hinter Rationalisierungen.

 

Der Begriff der Rationalisierung ist eine der wichtigsten Entdeckungen in Freuds Theorie. Wir alle rationalisieren, wenn wir versuchen, eine Tat, einen Gedanken oder ein Gefühl damit zu rechtfertigen, dass sie von unserer Vernunft, von unserem Gewis­sen motiviert oder aus einer praktischen Notwendigkeit heraus entstanden seien, an­statt zuzugeben, dass sie von irrationalen Wünschen motiviert waren. Der Rationalisierungsprozess ist jedem gut bekannt, der einmal versucht hat, das Rauchen aufzugeben. Um vor sich selbst zu rechtfertigen, weshalb er nur gerade diese eine Zi­garette rauchen möchte, sagt er sich, dass er sich gerade so besonders wohl oder auch so besonders elend fühlt, oder dass die anderen alle auch rauchen, oder dass er nicht so krank ist, dass er nötig hätte, das Rauchen aufzugeben, oder dass es sonst so wenig Freuden im Leben gibt, oder... Es gibt unzählige Rationalisierungen in solchen und ähnlichen Situationen im Leben.

 

Das Unbewusste, das also im dunkeln wirkt, ist der bewussten Erforschung nicht un­mittelbar zugänglich. Zur Zeit Freuds jedoch hatte sich diese Einstellung in Europa im allgemeinen geändert, und man hielt die Träume für töricht, sinnlose Phänomene.

 

Freud hat - und das war eine seiner größten Leistungen - gezeigt, dass diese Träume Gefühle und Gedanken ausdrücken, die wir uns in unserem wachen Dasein nicht bewusstzumachen wagen, dass dies manchmal mit größter Offenheit, meist aber - selbst im Privatleben unseres Schlafes - in einer versteckten und entstellten Form geschieht. Freud nahm an, dass die Träume stets die Erfüllung unbewusster Wünsche sind, die wir im wachen Leben nicht zuzugeben wagen.

 

Ein anderer Zustand der Dissoziation, bei dem man das Unbewusste direkt beobachten kann, ist die Hypnose. In einem tiefen Trance-Zustand kann ein Erwachsener wie ein Kind von zehn, fünf oder zwei Jahren fühlen und handeln - die entsprechende Suggestion vorausgesetzt. 

 

Freud sah sich mit dem theoretischen und mit dem praktischen Problem konfrontiert, einen Weg zu finden, um herauszubekommen, was im Menschen ist, jedoch außer­halb seines Bewusstseins, ohne dass ein Mensch psychotisch oder betrunken ist oder schläft. Es scheint ein Paradoxon, sich dessen bewusst werden zu wollen, was unbewusst ist. Freuds Genie zeigte sich auch darin, dass er das Rätsel löste. Zunächst ver­suchte er es mit Hypnose, gab sie aber nach einer Weile wieder auf, um sich vorwie­gend mit dem Traum zu beschäftigen - der »via regia zur Kenntnis des Unbewussten« - und eine Methode anzuwenden, die er freie Assoziation nannte.

 

Neben der Traumdeutung und der freien Assoziation hat Freud noch eine dritte Me­thode entdeckt, die ihm einen Blick in unbewusste Strebungen erlaubte: die Übertra­gung. Er stellte fest, dass seine Patienten oft Ideen über ihn und Reaktionen auf ihn hin entwickelten, die mit der Wirklichkeit nicht das geringste zu tun hatten. So sah ihn ein Patient vielleicht als einen allmächtigen oder allwissenden Menschen; ein an­derer sah in ihm einen schwachen und schüchternen Mann, und für einen Dritten war er ein finsteres Ungeheuer. Wie in den oben erwähnten Dissoziationszuständen wur­den auch diese Gefühle als völlig der Wirklichkeit entsprechend empfunden, und der Patient konnte sich nur schwer davon überzeugen, dass das nicht der Fall war. 

 

 

C. G. Jung: Die Entdeckung des kollektiven Unbewussten

Die wichtigste Abweichung von Freuds Theorie hat der Schweizer Carl Gustav Jung entwickelt. Jung versteht unter Libido nicht nur die sexuelle, sondern eine allgemeine psychische Energie. In Mythologie und Religion sah er Ausdrucksformen tiefer menschlicher Weisheit und keine kindlichen Phantasien. Er untersuchte die Zusam­menhänge zwischen den großen Mythen der verschiedenen Kulturen und den Träu­men und neurotischen Symptomen von Einzelpersonen und lieferte viele glänzende Beiträge zum Verständnis des Unbewussten, der Religion und Mythologie.

 

Als wichtigste Entdeckung C. G. Jungs gilt die Entdeckung des kollektiven Unbewussten als mächtigstes und einflussreichstes psychisches System, das in pathologischen Fällen das Ich wie auch das persönliche Unbewusste überschattet. Das kollektive Unbewusste ist eine Schatzkammer verborgener Erinnerungsspuren. Es ist der seelische Rückstand der Menschheitsentwicklung.

Alle Menschen scheinen dasselbe kollektive Unbewusste zu haben, es ist losgelöst vom Einzelnen. Diese Universalität schreibt Jung der den Rassen ähnlichen Gehirnstruktur zu.

 

Das kollektiven Unterbewusstsein ist die ererbte artspezifische Grundlage der gesamten Persönlichkeitsstruktur, auf ihr basieren das Ich, das persönliche Unbewusste und alle anderen individuellen Erwerbungen.

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Es hat vom ersten Augenblick einen steuernden, auswählenden Einfluss auf das Verhalten. Die Erfahrung von der Welt, die jemand macht, sind weitgehend durch das kollektive Unbewusste vorgeformt, denn sonst könnte es keine Entwicklung geben. Das kollektiven Unbewusste enthält viele Archetypen (Geburt, Wiedergeburt, Kraft, Zauber, Gott).

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Alfred Adler: Die Entdeckung des Minderwertigkeitsgefühls und des Strebens

Auch Alfred Adler, ebenfalls einer der ersten Schüler Freuds, trennte sich von dessen Auffassung, weil er die Überzeugung von der Vorherrschaft des Sexualtriebs nicht teilte. Er war weniger philosophisch eingestellt als Jung und mehr auf die Praxis bezogen, weshalb er seine Aufmerksamkeit vor allem einem Bereich zuwandte, den man als Lebenstaktik und -strategie bezeichnen könnte. Er entdeckte die psychologische Bedeutung organischer Mängel und erklärte viele Charakterzüge als Kompensation für solche organischen Schwächen der frühen Kindheit. Er hielt das Streben nach Macht, worunter er im Wesentlichen die gesellschaftliche Anerkennung und Prestige verstand, für das Hauptziel menschlichen Strebens.

 

„Minderwertigkeitsgefühle sind nicht an sich abnormal. Sie sind die Ursache für alle Verbesserungen in der Lage der Menschheit. Selbst die Wissenschaft z.B. kann nur entstehen, wenn Menschen ihre Unwissenheit und die Notwendigkeit empfinden, die Zukunft vorauszusehen. Sie ist das Ergebnis des Strebens der Menschen, ihre ganze Lage zu verbessern, um mehr vom Universum zu wissen, um es besser kontrollieren zu können. Unsere ganze menschliche Kultur scheint tatsächlich auf Minderwertigkeitsgefühlen zu ruhen.“

(Alfred Adler: What Life Should Mean To You 1931, S.55 / Ansbacher S.126)

 

„Das Minderwertigkeitsgefühl beherrscht das Seelenleben und läßt sich leicht aus dem Gefühl der Unvollkommenheit, der Unvollendung und aus dem ununterbrochenen Streben des Menschen und der Menschheit verstehen.“

(Alfred Adler: Der Sinn des Lebens 1933, S. 67 / Ansbacher S.126) 

 

Grundthesen der Individualpsychologie

„Der Mensch ist aus der natürlichen Evolution des Lebens als soziales Lebewesen hervorgegangen. Als solches ist er weder raubtierhaft noch böse. Für die Mißstände des gesellschaftlichen und kulturellen Lebens können wir nicht die menschliche Natur anschuldigen. Sie stammen vielmehr aus historischen Altlasten, die wir noch nicht beseitigen konnten (Autoritarismus, Patriarchat, religiöser Dogmatismus, grobe Vernachlässigung von Erziehung und Bildung, empörende Gegensätze zwischen Armut und Reichtum, Nationalismus und Militarismus). Unter annehmbaren kulturellen und erzieherischen Entwicklungs- und Entfaltungsmöglichkeiten lernt der Mensch, Solidarität und gegenseitige Hilfe an den Tag zu legen. Das Gemeinschaftsgefühl als spontanes soziales Bemühen ist als Disposition angeboren, muß aber eigens entwickelt werden.“ (Alfred Adler)

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Handout
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Otto Rank: Künstlerische Schöpfung und Bildung neurotischer Symptome

Der letzte Schüler Freuds, der sich von seiner Schule trennte, war Otto Rank. Er war weniger ein Systematiker als Jung, doch interessierte auch er sich für kulturelle, künstlerische und philosophische Probleme und stellte eine Reihe glänzender Theorien auf. Er entwickelte die interessante Theorien über den Zusammenhang zwischen der künstlerischen Schöpfung und der Bildung neurotischer Symptome. Der Neurotiker weigert sich, nach außen hin eine Rolle zu spielen. Dies ist nach Ranks Ansicht für den Durchschnittsmenschen kennzeichnend; dafür ist dieser aber andererseits nicht fähig, wie der Künstler schöpferisch tätig zu sein.(Siehe auch PDF Der Künstler)

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