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Anthroposophische Heilkunde

Das Leitbild, Mantram und Berufsbild der
Anthroposophischen Heilpraktiker
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Ein Leitbild zu entwickeln kann ein aufwändiger Prozess sein, sofern dies unter breiter Beteiligung aller Mitglieder geschieht. Welche Wirkungen kann ein Leitbildentwicklungsprozess in einer Fachgesellschaft haben?

Je mehr die Mitglieder in den Entwicklungsprozess des Leitbildes eingebunden waren, desto mehr identifizieren sie sich erfahrungsgemäß mit den Inhalten.

 

Zu Beginn ging die Diskussion um das Wort „Heilpraktiker“ im Sinne der Frage: „Was ist Heil?“ und was bedeutet „Praktiker?“.

 

Wir waren uns bewusst: Wenn wir in unserer Gesellschaft ein Leitbild entwickeln, kann der Weg dorthin tiefgreifende und nachhaltige Wirkungen entfalten.

 

Jedes Mitglied hatte in den folgenden Jahren die Möglichkeit, sich an diesem Prozess zu beteiligen. Die Ausarbeitung geschah während der Jahrestagungen im Studienhaus Rüspe bzw. im Haus Spöktal und bei den Jahreshauptversammlungen im September in Dornach.

 

Wir erlebten, dass der Prozess der Leitbildentwicklung Werte und Normen bewusst machte, verankerte und regelmäßig auch erste Verhaltensänderungen bewirkt.

 

Dieser Effekt trat allerdings vor allem deshalb ein, weil das Leitbild mit den Mitgliedern auf  allen Jahrestagungen und Jahreshauptversammlungen der AGAHP gemeinsam in einem aktiven Beteiligungsverfahren entwickelt wurde. Im Zuge der Ausarbeitung unseres Leitbildes und des hieraus abgeleiteten Berufsbildes wurde auch die Anthroposophische Heilkunde in ihrer Charakteristik beschrieben.

 

Der Prozess der Leitbildentwicklung kann also eine nachhaltige Binnenwirkung entfalten. Aber auch in der Außenwirkung kann ein Leitbild natürlich hilfreich sein: Steht das neue Leitbild fest, muss es in der ganzen Gesellschaft bekannt gemacht werden. Auch Patienten sollten informiert werden. Da die meisten Menschen neu Gelerntes oder einmal Gehörtes schnell wieder vergessen, empfahl es sich, auf mehrere Maßnahmen zu setzen. Es bot sich z.B. an immer wieder auf den Jahrestagungen die Zeit zu nehmen, das Leitbild zu diskutieren, eventuell sogar zu modifizieren und in Betrachtung der Auswirkung der heilkundlichen Arbeit mit Patientinnen und Patienten. Die Heilkundigen sollten sich natürlich dem Leitbild entsprechend verhalten und die Werte vorleben.

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"Dasjenige, was wir heute brauchen, ist ein unmittelbares Hineinarbeiten ins Leben, ein Sehen dessen, was in den Menschen ist und sein kann. Und diesen Unterschied der anthroposophischen Bewegung gegenüber anderen Bewegungen, den müsste man sich bestreben, der Welt klar zu machen: ihr Umfassendes, ihr Unvoreingenommenes, ihr Vorurteilsloses, ihr Dogmenfreies: dass sie bloß eine Versuchsmethode des allgemein Menschlichen und der allgemeinen Welterscheinungen sein will." (Rudolf Steiner, 19. August 1923 in Penmaenmawr, GA 259)

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Für uns stellt sich als Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker während der mehrjährigen Erarbeitung des Leitbildes die Frage nach der Pflege des Anthroposophischen Erkenntnisweges verbunden mit der Einsicht in den karmischen Ursprung des eigenen Heilerwillens.

 

Ein allgemeines Heilpraktiker-Mantram gibt es nicht. Die Mitglieder der AGAHP beziehen sich heute jedoch auf ein Mantram aus dem Pastoralmedizinischen Kurs, welches für die anthroposophische Heilpraktikerschaft von großer Bedeutung sein kann:

 

„Ich werde gehen den Weg,

Der die Elemente in Geschehen löst

Und mich führt nach unten zum Vater

Der die Krankheit schickt zum Ausgleich des Karma

Und mich führt nach oben zum Geiste

Der die Seele in Irrtum zum Erwerb der Freiheit leitet

Christus führt nach unten und nach oben

Harmonisch Geistesmensch in Erdenmenschen zeugend.“

(Rudolf Steiner, Mantrische Sprüche und Seelenübungen II. 1903-1925. GA 268, S. 317)

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Das Karma - Ein Aspekt des Leitbildes Anthroposophischer Heilpraktiker/innen

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Selbst so hervorragend entwickelte Menschen wie Goethe, Lessing, Friedrich der Große, Wilhelm Busch oder Franz Werfel wussten sehr genau, dass sie ihre Fähigkeiten einer längeren Vergangenheit zu verdanken hatten als der Kindheit und Jugend. Und sie konnten auch deutlich beschreiben, was ihnen noch zum vollen Menschsein fehlte und was zu erarbeiten weitere Erdenleben gar wohl lohnte.

 

Noch viel dringlicher stellt sich die Frage nach dem Sinn eines Erdenlebens, wenn es in der Kindheit infolge schwerer Krankheit oder Unfall bereits wieder endet oder von lebenslanger schwerster Behinderung gekennzeichnet ist. Oder aber, wenn ein Lebenslauf in Jugend, Lebensmitte oder Alter in Verzweiflung endet und die eigene Identität ganz und gar infrage gestellt wird.

 

So wie im Laufe eines Erdenlebens Scheitern und Neubeginn möglich sind, so auch im Verlaufe von mehreren Erdenleben. Ein Leben, das im Zeichen des Scheiterns stand, kann, wenn es im nachtodlichen Leben aufgearbeitet ist2, einen völlig neuen Ansatzpunkt für die Weiterentwicklung im folgenden Erdenleben bieten.

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„Das Karma ist das grundlegende Gesetz des Weltalls, [...] welches die Wirkung an die Ursache knüpft in der physischen, gedanklichen und geistigen Welt. [...] Da keine Ursache ohne eine ihr entsprechende Wirkung bleiben kann, von der größten bis zur kleinsten, von einer kosmischen Umwälzung bis zu der Bewegung deiner Hand, und da Gleiches stets Gleiches hervorbringt, ist Karma das unsichtbare und unerkannte Gesetz, welches weise, gerecht und einsichtig jede Wirkung zu der entsprechenden Ursache hinzufügt, indem es die erstere mit ihrem Urheber verbindet.“

(Helena Blavatsky)

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Die Stellung des Leitbildes in den Organisationen der Anthroposophischen Heilkundigen

Das Berufsbild und das Leitbild der AGAHP sind für alle Mitglieder der ISAN verbindlich. Satzungen und Berufsordnungen sind den jeweils gültigen Landesgesetzen anzupassen.

Die ISAN vertritt die Heilkundigen in den internationalen Gremien. Die internationale Koordination wird in wechselseitiger Kommunikation mit den Mitgliedern in der IKAM (Internationale Koordination Anthroposophische Medizin) durch Vereinbarungen mit der Medizinischen Sektion durch die ISAN wahrgenommen.

Das Perspektivpapier ist für alle Mitglieder der ISAN bindend. Die ISAN ist „Gruppe im sachlichen Feld“ und verantwortet die geisteswissenschaftliche (spirituelle) Forschung und Arbeit im Dialog.  

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Literaturtipps

Adolf Baumann: Wörterbuch der Anthroposophie Taschenbuch, ISBN-13 : 978-3478084468

Rudolf Steiner: Anthroposophie: Weisheit vom Menschen, ISBN-13 : 978-3867721554

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Handout

Mit diesem Handout stellt das ASCOL-College Ihnen eine Einführung in Theorien und Arbeitsweisen zur persönlichen Verfügung. Das Skript ist nur zur eigenen Nutzung freigegeben. © Copyright by Alexander B.I. Schadow, 2020. All  rights reserved. Vervielfältigung nur mit Genehmigung des Urhebers. VG Wort Urheber–NR.: 9404669

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